Schutz von Moscheen muss ausgebaut werden“

Von | 5. Februar 2024

Stand: 05.02.2024, 15:10 Uhr, WDR

Wissenschaftler der Uni Bielefeld fordern mehr Schutz von Moscheen in Deutschland. Das sei auch nach Bedrohungen einer Bielefelder Moschee wichtig. Es gebe eine stark zunehmende Muslimfeindlichkeit.

Von Uwe Pollmann

„Der Schutz von Moscheen muss ausgebaut werden“, mahnt Zeynep Demir vom Institut für Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Uni Bielefeld. Ein Drittel der Muslime habe mittlerweile „Diskriminierungserfahrungen“ gemacht, weiß die Psychologin aus eigenen Studien. Es gehe um Beschimpfungen, Drohungen und körperliche Übergriffe. Das, was einer Bielefelder Moschee am Wochenende erneut widerfahren ist, sei kein Einzelfall.

Drohungen gegen Moscheen nehmen zu

Diese Moschee in Bielefeld war von den zahlreichen Essenslieferungen betroffen.

Die islamische Gemeinde hatte über den Lieferdienst „Lieferando“ unzählige nicht von ihr bestellte Essenslieferungen mit Drohungen und Hassbotschaften erhalten. Diese waren auf den Kassenzetteln zu lesen. Sie wurden mit insgesamt 20 Bestellungen geliefert, die aus unterschiedlichen Imbisse mit verschiedenen Autos kamen.

Es war nicht der erste Vorfall. Schon Mitte Dezember gab es ähnliche Bestellungen für die Moschee, teilt die Bielefelder Polizei mit. Der Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen. Auch stehe die Polizeispitze mit der Bielefelder Polizeipräsidentin im engen Austausch mit der Gemeinde.

Folge: Angst und Stress, besonders bei jungen Muslimen

Bei den Mitgliedern der Moschee geht mittlerweile die Angst um, sagt Cihad Kefeli vom Bündnis islamischer Gemeinden in Bielefeld und Mitglied im städtischen Integrationsrat. Auch fühlte man sich nach den ersten Drohungen im Dezember allein gelassen: von Polizei und Politik. Erst jetzt hätten einige Politiker die Moschee besucht und sich die Sorgen angehört. Das sei wichtig.

Auch Psychologin Zeynep Demir (IKG) hält diese Solidarität für wichtig: „Der Stress-Level unter den Muslime steigt. Junge Mitglieder in den Moscheen trifft das besonders.“ Und die Angst sei nicht unbegründet. Muslimfeindlichkeit nehme zu. Während sich vor zehn Jahren noch 14 Prozent der Menschen hier muslimfeindlich äußerten, sei das mittlerweile ein Drittel der Bevölkerung.

Hassbotschaften über Lieferdienste „neues Phänomen“

Cihad Kefeli wundert sich aber auch, warum Hassbotschaften so einfach über Lieferdienste ausgesendet werden können – und auch die Imbisse diese Botschaften nicht wahrnehmen. Das kritisiert ebenso Peter Wedde, Professor für Recht der Informationsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Science, der Lieferando seit Jahren beobachtet. Der Datenschutzexperte fragt sich, ob Lieferando nicht seine Sorgfaltspflicht vernachlässigt. Die entsprechenden Felder für Wünsche an die Imbisse müssten doch gecheckt werden.

Lieferando teilt dagegen mit: „Die Bestellkommentare gehen bei den Restaurant ein, nicht bei uns.“ Das seien üblicherweise Hinweise zum Essen. Wahrscheinlich seien die Hassbotschaften von den Restaurants „nicht richtig eingeordnet“ worden. „Solche Bestellanmerkungen sind ein neues Phänomen und vollkommen inakzeptabel. Wir haben den Besteller umgehend gesperrt, weitere Schritte eingeleitet und unterstützen die Ermittlungen.„, so das Unternehmen.

Die Bielefelder Datenschutzvereinigung Digitalcourage hält allerdings nichts davon, angesichts solcher Drohungen Grundrechte im Netz einzuschränken oder mit mehr Überwachung zu reagieren: „Wenn Lieferando Bestellmöglichkeiten einschränkt, dann werden Täter*innen einen anderen Weg für ihre Hassbotschaften finden.

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